Begabtenförderung am GFS
"Aus der Zeitwerkstatt"
Es ist Donnerstag, der 19. Dezember 2019. Eigentlich ist dieses Datum für jeden verständlich und natürlich auch selbstverständlich. Wir alle kennen die Angabe des Tages, des Monats und des Jahres. Doch: War das schon immer so? Zudem hat jeder zu Hause mindestens 1 Kalender, der aber unterschiedlich aufgebaut sein kann. Da gibt es Wochen- oder Monatspläne, teilweise mit Mondphasen und/oder Namenstagen versehen. Ganz wichtig ist natürlich das Bild, das je nach Thema des Kalenders ausgewählt ist. Außerdem sind die Bebilderung sowie die Datierung divers angebracht - entweder mit horizontaler oder vertikaler Einteilung. Alles das ist für uns so selbstverständlich, dass wir es kaum hinterfragen. Wie sah ein Kalender früher aus? Wie sehen Kalender in anderen Kulturen aus? Diesen Fragen haben wir uns gewidmet und v.a. mittelalterliche Kalendarien und den Maja-Kalender genauer betrachtet. Bei den europäischen Kalendern konnten wir zu unseren heutigen einen Vorläufer entdecken, der ähnlich aufgebaut ist: Rote Zahlen deuten auf Sonntage oder christliche Feiertage hin, Bilder zeigen aufgrund der tiefen Gläubigkeit vorwiegend Heilige mit ihren Attributen. Nur der Maja-Kalender wirkt unüberschaubar mit seinen unterschiedlichsten Symbolen. Ein Modell dieses Typs konnte jeder selbst basteln und damit das richtige Datum einstellen (siehe Foto).
Nachdem so jedem klar wurde, dass Zeitrechnung schon immer ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens ist, wird dies im zweiten Teil, der Diplomatik, erneut sichtbar. Auch in Urkunden war und ist bis heute eine Datierung unverzichtbar. An ausgewählten Beispielen wurden der Aufbau und der Inhalt von Urkunden, die im Mittelalter ausschließlich rechtlichen Charakter hatten, verdeutlicht. Die auffälligsten Unterschiede zu den heutigen Urkunden sind neben der Vielfältigkeit (denken wir an Urkunden der Bundesjugendspiele oder an Urkunden bei Turnieren - also v.a. im Sport - oder denken wir an den Känguru-Test) auch der eher kaum noch vorhandene Rechtsbezug. So können wir nach besonderen Leistungen in sämtlichen Bereichen unseres Könnens eine Urkunde bekommen - selbst in Museen werden manchmal für das erfolgreiche Beantworten von Fragen Urkunden ausgestellt. Der wohl wichtigste Unterschied ist aber das Ausstellungsdatum: Im Mittelalter wurde einem ein Recht oder Lehen per Urkunde verliehen und erst dann konnten diese ausgeübt werden. Heute ist es in vielen Bereichen genau umgekehrt. Zuerst muss man etwas leisten, dann bekommt man die Urkunde. Neben der Datierung enthalten alle Urkunden Unterschriften, die als Beweis der Echtheit gelten. Im Mittelalter war das die sog. Signum-Zeile, die das Monogramm des "Ausstellers", d.h. die Unterschrift in kunstvoller Form, beinhaltete. Dabei ist interessant, dass Urkunden nicht nur von Königen bzw. Kaisern (sog. Kaiserurkunden) oder dem Papst (sog. Papsturkunden) sondern auch von Adeligen oder höheren Klerikern (sog. Privaturkunden) ausgestellt wurden. Weil die weltlichen Herrscher nicht selbst schreiben konnten, übernahm dies ein Kanzler, der die Urkunde verfasste, und der Herrscher musste nur noch den Vollziehungsstrich ausführen, der das Monogramm vollständig machte. Schließlich wurden noch Zeugen erwähnt, die dem Rechtsakt beiwohnten.
Der Vormittag in der Zeitwerkstatt zeigte uns, dass das, was unser alltägliches Leben wie selbstverständlich bestimmt, früher andere Funktionen haben konnte.
Bei unserem nächsten Treffen am Mittwoch, dem 05. Februar 2020, widmeten wir uns zuerst dem Thema Schrift. Die Paläographie ist eine der wichtigsten historischen Hilfswissenschaften, da sie Handschriften entziffert und ins "Reine" schreibt. Weil es früher leider weder Computer noch Schreibmaschinen gab, wurden die Texte handschriftlich verfasst, was manchmal wirklich schwer zu lesen ist, denn eine richtig einheitliche Schrift, wie sie heute bei uns an den Grundschulen gelehrt wird, gab es nicht. Das konnten wir schon bei unserem letzten Treffen bei den Urkunden feststellen. Bevor wir uns aber der Schrift speziell zuwenden konnten, mussten wir noch klären, welche Beschreibstoffe und welche "Stifte" es gab. Neben dem Papyrus und dem geschöpften Papier, welche wir in die Hand nehmen konnten, gab es noch Pergament und Wachstafeln. Zum Schreiben verwendete man neben Gänsekielen z.B. auch Metallstäbe oder Schilfrohr. Des Weiteren betrachteten wir die unterschiedlichen Schrifttypen an, die v.a. Majuskeln, Schriften nur aus Großbuchstaben bestehend, oder Minuskeln, Schriften nur aus Kleinbuchstaben bestehend, waren. Unter Karl dem Großen wurde zwar zur Vereinheitlichung und Vereinfachung die karolingische Minuskel eingeführt, die aber nicht so lange "lebte", denn das Geschlecht der Karolinger endete im 9. Jahrhundert. Danach findet man regional unterschiedliche Schreibweisen; es gibt sogar in verschiedenen Klöstern verschiedene Schriften. Natürlich weisen mittelalterliche Handschriften neben der Schrift noch eine weitere Schwierigkeit auf - die lateinische Sprache. Wie schwer diese Disziplin sein kann und wie schwer es ist, Schriften selbst zu verwenden, konnten wir erproben. Außerdem wurde beim Versuch, ein paar Sätze in zwei verschiedenen Schriften umzusetzen klar, wie lange ein Schreiber z.B. beim Abschreiben der Bibel gebraucht haben muss.
(Transkription: Schreib mal wieder! Vielleicht ein Tagebuch, einen Brief oder eine Postkarte)
Anschließend konnten wir das Schreiben mit einer Feder testen, was auch nicht so leicht erscheint, v.a. weil die Tinte nicht wie beim Füller länger fließt, sondern man muss immer wieder die Feder ins Tintenfass tauchen.
Bis heute ist diese Wissenschaft des Entzifferns von Handschriften wichtig, wie man z.B. bei einer Feldpost aus dem Ersten oder Zweiten Weltkrieg sehen kann, die, obwohl sie in Deutsch verfasst ist, schwer zu entziffern ist.
Im weiteren Verlauf wendeten wir uns einer symbolträchtigen Wissenschaft zu - der Heraldik. Die Wappen, die auch für Urkunden wichtig wurden, da diese auf Siegeln als Echtheitsbeweis fungierten, wurden von uns genauer unter die Lupe genommen. Welche Farben, welche Muster und welche Symbole wurden und werden heute noch auf Wappen verwendet? Warum gab es überhaupt Wappen? Die Herolde waren im Mittelalter die Wappenkundige, die genau wussten, welches Geschlecht welches Wappen hat. So stellten diese beispielsweise an Turnieren die Kontrahenten vor, obwohl diese eine Rüstung anhatten und rein vom Äußeren her nicht erkannt werden konnten. Und genau deshalb wurden die Wappen im Laufe des Mittelalters so wichtig. Während zunächst die Wappen eher einen schmückenden Charakter hatten, wurde wegen der immer stärker ausgereiften Rüstung zur Erkennung des Gegners ein Wappen wichtig. Damit ein Wappen richtig zugeordnet und erklärt werden konnte bzw. kann, wurde ein Wappenbrief ausgestellt, der eine sog. Blasonierung, d.h. Beschreibung, des Wappens beinhaltete. Nur wenn ein solcher Brief erhalten ist, kann heute eine genaue Erklärung der Symbole gegeben werden, denn diese hatten nicht nur eine Bedeutung, sondern häufig sehr viele. Als Beispiel kann uns das häufigste Symbol dienen - der Löwe: Ein Löwe konnte auf das Sternzeichen oder den Namen (z.B. Löwenherz) des Inhabers hindeuten; genauso konnte es den Beruf beschreiben (ein Tierarzt, der auf Katzen spezialisiert ist) oder tatsächlich auf den Charakter des Menschen hinweisen, der mutig und tatkräftig ist. So konnten die Ritter im Mittelalter über die Wappen sehr viel dem Gegenüber schon verraten. Auch die aufbäumenden Tiere in Richtung des Gegners blickend sollten diesen aufgrund des aufgerissenen Mauls Angst machen, was im Kampf sicherlich von Vorteil ist. Im Laufe der Neuzeit verloren die Wappen aber ihre kriegerische Bedeutung und dienten wieder als Schmuck. Bis heute kann man überall Wappen sehen, z.B. an der Gemeinde oder an Gaststätten. Allerdings gibt es bei uns keine Beamte mehr, die sich mit der Verleihung von Wappen beschäftigen. Dies übernehmen bestimmte Vereine, die zudem überprüfen, ob das Wappen rechtmäßig ist und ob man in der Familie evtl. schon ein Wappen besitzt. Nur in Monarchien, wie England, gibt es den Beruf Herold noch, weil Adeligen auch heute noch Wappen gestiftet werden. Deshalb haben wir uns am Ende zwei bekannte Beispiele angesehen, denn die Wappenträger wurden zu Rittern geschlagen und tragen den Titel "Sir": Sir Paul McCartney und Sir Elton John. Wie man schon vermutet, tragen diese Wappen v.a. musikalische Symbolik.
Zum Abschluss entwarf jeder für sich ein eigenes Wappen, das auf ein Schild übertragen und ausgemalt wurde. Dabei sollten die heraldischen Regeln eingehalten werden, wie z.B. Metalle dürfen nicht an Metalle und Farben nicht an Farben grenzen. Dabei konnte man die unterschiedlichsten Schwerpunkte setzen, z.B. sein Sternzeichen oder seine Hobbies aufgreifen.
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Unsere fertigen Schilde mit den selbst gestalteten Wappen sind eine Augenweide.
Redaktion: S. Kraus (Mitglied im Kursleitungsteam)
"Chemie ist wenn's kracht und stinkt."
![]() Das Video zu diesem Versuch finden Sie hier. |
Dies erprobten die Teilnehmer des diesjährigen Begabtenförderungskurses Chemische Kabinettstücke unter der Leitung von Herrn Ruhland ausgiebig. Die Zielsetzung besteht darin, spektakuläre und anspruchsvolle Experimente durchzuführen und wissenschaftlich aufzubereiten. So hantierten die Schüler unter anderem mit Natriumacetat, Acetonnitril, Natriumperoxodisulfat oder Luminol. Sie stießen bei ihrer Recherche sogar auf Versuche, die dem versierten Chemiekollegium gänzlich unbekannt waren. Exemplarisch dafür steht die Chemolumineszenz des Tris(2,2'-bipyridyl)-ruthenium(II)-chlorid-Komplexes. Verwendet wurden hierbei eine Acetonnitril-Natriumperoxodisulfat-Lösung sowie 7%-ige Salzsäure. Schließlich wurden die Lösungen vermengt und mit dem Komplex versetzt. Um die Reaktion in Gang zu bringen, werden Magnesiumspäne in das Gemisch gegeben. Im Becherglas findet eine Redox-Reaktion statt, welche eine rote Chemolumineszenz hervorruft. Zunächst werden Magnesiumatome oxidiert:
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Simon Reichel, Leon Hümmer (beide 9B+) und Herr StD Ruhland